Von Ausrutschen spricht man, wenn das Gleichgewicht nicht gehalten werden kann, weil der Fuß auf dem Boden keinen Halt findet. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle: die Beschaffenheit des Schuhs und des Bodens, Umgebungsbedingungen wie Nässe oder Schmutz sowie die Art und Geschwindigkeit der Bewegung. Die Rutschhemmung von Böden und Schuhen lässt sich durch Messungen bestimmen, die von der Sicherheitstechnischen Prüfstelle der AUVA durchgeführt werden.
In der europäischen Norm EN 16165 „Bestimmung der Rutschhemmung von Fußböden – Ermittlungsverfahren“ sind vier Messverfahren für die Rutschhemmung angeführt. „Die europäische Norm hat die Verfahren definiert, aber keine Anforderungswerte, das müssen die Nationalstaaten tun. Österreich hat von den vier in der europäischen Norm beschriebenen Messverfahren eines gewählt und nimmt es in die österreichische ÖNORM Z1261 ‚Begehbare Oberflächen – Messung des Gleitreibungskoeffizienten‘ auf. Die Norm wird derzeit überarbeitet“, erläutert der stellvertretende Leiter der STP, Ing. Thomas Manek, der für die Prüfung der Rutschhemmung von Fußböden zuständig ist.
Je nach Art des Arbeitsplatzes muss der Boden unterschiedliche Anforderungswerte einhalten, als Mindestanforderung gilt ein Gleitreibungskoeffizient von 0,45. Kommt der Boden mit gleitfördernden Medien in Kontakt, ist ein anderer Wert für den Gleitreibungskoeffizienten vorgeschrieben, etwa bei Mehlstaub in einer Bäckerei ein Gleitreibungskoeffizient von 0,50.
Bestimmung der Rutschhemmung
Manek beschreibt das Prüfverfahren, mit dem die STP die Rutschhemmung von Fußböden bestimmt: „Das Messgerät besteht aus einem Würfel mit einem definierten Gewicht auf einer Bodenplatte mit drei Gleitern. Das Gerät wird mit einem Seilzug mit einer definierten Geschwindigkeit über die Bodenfläche gezogen. Zur Ermittlung des Gleitreibungskoeffizienten misst man die Zugkraft – also die Kraft, die nötig ist, um das Gerät über den Boden zu ziehen.“
Die STP führt Messungen an mehreren Punkten durch. Hat es bereits Unfälle bzw. Beinaheunfälle durch Ausrutschen gegeben, wird an den Unfallstellen gemessen. Für die Beurteilung des Bodens zieht man den schlechtesten Messwert heran. Das Verfahren umfasst jeweils eine Trocken- und eine Nassmessung, bei Letzterer wird der Boden mit Natriumlaurylsulfat, einer Art Seifenlösung, benetzt.
Mit dieser Methode lässt sich der Gleitreibungskoeffizient eines verlegten Bodens messen. Sie eignet sich für unterschiedliche Arten von Böden wie Parkett, Laminat, Fliesen oder Beton, auch im Außenbereich. Voraussetzung für die Messung ist eine ebene Fläche mit nicht zu stark profilierter Oberfläche. Auf Hochglanz sollte man den Boden vor der Prüfung nicht polieren, rät Manek, da sich sonst die Gleiter ansaugen können, was das Messergebnis verfälscht. Auch die Raumtemperatur und bei der Trockenmessung die Luftfeuchtigkeit haben eine Auswirkung auf die Messung; der Boden darf durch die Umgebungsfeuchte nicht benetzt sein.
Tipps der STP
Die STP-Mitarbeiter:innen geben oft gleich vor Ort Tipps, etwa zur Reinigung des Bodens. „Es muss ein geeignetes Reinigungsmittel in der richtigen Menge verwendet werden, dabei sollte man die Empfehlung des Herstellers des Bodens beachten. Wenn man den Schmutz nicht zur Gänze entfernt, sammelt er sich in winzigen Vertiefungen des Bodens, der dadurch glatter wird. Bei der Reinigung durch eine Maschine mit Scheuerpads können falsche Pads die Oberfläche glätten“, so Manek.
Wenn ein neuer Bodenbelag verlegt wird, sollte man eine Grundreinigung und anschließend eine Nullmessung durchführen lassen, um den Ausgangswert des Bodens für die Rutschhemmung zu ermitteln. Finden in der Folge in regelmäßigen Abständen, zum Beispiel einmal jährlich, Messungen statt, erkennt man, wie rasch der Boden verglättet und wann er ausgetauscht oder saniert werden sollte. Die Rutschhemmung bei keramischen Bodenfliesen lässt sich verbessern, indem man die Oberfläche durch Ätzen oder Sandstrahlen aufraut. Diese Verfahren können nicht zu oft wiederholt werden, da dabei die Nutzschicht der Fließen abgetragen wird.
Sicherheits- und Berufsschuhe
Schuhe als weiterer Faktor, der Ausrutschen begünstigen oder verhindern kann, müssen ebenfalls bestimmte Anforderungen erfüllen. Als Teil der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ist ihre Beschaffenheit in der ÖNORM EN ISO 20345:2022 „Persönliche Schutzausrüstung – Sicherheitsschuhe“ und der ÖNORM EN ISO 20347:2022 „Persönliche Schutzausrüstung – Berufsschuhe“ geregelt. „Sicherheitsschuhe haben eine Zehenschutzkappe, Berufsschuhe nicht“, nennt Ing. Stefan Janotka, in der STP für die Prüfung von Schuhen und Helmen zuständig, das wichtigste Unterscheidungsmerkmal.
Beide Arten von Schuhen müssen bestimmten Grundanforderungen genügen, zu denen auch die Rutschhemmung zählt. Auf dem Rutschhemmungsprüfstand drückt man den Schuh auf den Fliesenboden einer mit Natriumlaurylsulfat gefüllten Wanne. Die Kraft, die erforderlich ist, um die Wanne horizontal zu bewegen, wird gemessen. Als Zusatzanforderung wird der Test zusätzlich mit Glycerin anstelle von Natriumlaurylsulfat durchgeführt. Diese Zusatzanforderung kann in besonders gefährdeten Bereichen von Bedeutung sein, beispielsweise bei Dachdeckerarbeiten, oder wenn allgemein eine erhöhte Rutschgefahr besteht.
Schuhe und Böden werden zwar nicht in Kombination getestet, allerdings empfiehlt Manek mitunter, für einen bestimmten Boden andere Schuhe als die bisher getragenen zu verwenden. Auch der:die Arbeitgeber:in und die Mitarbeiter:innen können durch ihr Verhalten dazu beitragen, die Unfallgefahr durch Ausrutschen zu verringern. So sollten Verunreinigungen, die zu einer erhöhten Rutschgefahr führen, so rasch wie möglich entfernt werden – das gilt selbst, wenn „nur“ Kaffee verschüttet wurde. Zu schnell unterwegs sollte man auf einem glatten Boden auch nicht sein, denn die Anforderungen an die Rutschhemmung beziehen sich auf die übliche Gehgeschwindigkeit. (rp)