Im Vorjahr sind 40 Radfahrende tödlich verunglückt, davon 50 Prozent mit E-Bikes. Bezogen auf die gefahrenen Kilometer ergibt sich für E-Bike-Fahrende ein fast dreimal so hohes Risiko, tödlich zu verunfallen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit erklärt, wo beim Umgewöhnen von Fahrrädern auf E-Bikes die häufigsten Probleme liegen, und fordert eine Helmpflicht.
Wie eine Umfrage im Auftrag des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zeigt, fahren in Österreich 680.000 Personen ab sechs Jahren wöchentlich mit dem E-Bike – Tendenz steigend. Trotzdem ist das noch immer weniger als ein Drittel der rund 2,3 Millionen Menschen, die wöchentlich herkömmliche Fahrräder nutzen. Zu berücksichtigen ist, dass mit dem E-Bike mehr Kilometer zurückgelegt werden als mit dem Fahrrad. Herkömmliche Fahrräder werden oft nur gelegentlich genutzt, während mit E-Bikes längere Strecken gefahren werden.
Ältere Menschen häufiger betroffen
Eine besonders gefährdete Personengruppe auf E-Bikes sind ältere Menschen. Unter den Verletzten der vergangenen Jahre war fast jeder:jede Dritte 65 Jahre alt oder noch älter. Unter den Getöteten waren sogar zwei Drittel 65 Jahre alt oder noch älter. Bei E-Bike-Fahrenden nimmt also die Verletzungsschwere mit dem Alter zu. Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), warnt davor, die Gefahren zu unterschätzen: „E-Bikes sind zwar bequemer, aber die elektrische Tretunterstützung verleitet leider auch zu schnellerem Fahrverhalten.“ Bei einer vom KFV durchgeführten Testfahrt wählten die Probanden:Probrandinnen mit Fahrrädern eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 18 km / h, mit Pedelecs (E-Bikes) fuhren sie aber im Schnitt 21 km / h.
Hohes Gewicht von E-Bikes bereitet häufig Probleme
Beim Umstieg von herkömmlichen Fahrrädern auf E-Bikes kann es zu einer Reihe von Problemen kommen, wie aus einer vom KFV beauftragten aktuellen Studie hervorgeht, die 2022 unter 1.676 E-Bike-Fahrenden durchgeführt wurde. Die mit Abstand meisten (58 Prozent) hatten Schwierigkeiten mit dem höheren Gewicht, gefolgt vom unterschiedlichen Bremsverhalten (27 Prozent), der Bedienung des Displays (26 Prozent), der höheren Geschwindigkeit (26 Prozent), dem Losfahren (23 Prozent), der geringeren Wendigkeit (19 Prozent) oder bei der Beschleunigung (18 Prozent). KFV-Verkehrssicherheitsexpertin Mag. (FH) Ernestine Mayer appelliert daher: „Übung macht den Meister und Wissen über die Herausforderungen erhöht die Sicherheit. E-Bike-Fahrsicherheitskurse auf freiwilliger Basis – insbesondere für ältere Personen – können Leben retten und unzählige Stürze sowie die damit einhergehenden Verletzungen oder gar Invaliditätsfälle vermeiden.“
Zu den Hauptunfallursachen von Kollisionen mit E-Bikes (Vierjahresdurchschnitt) zählen Vorrangverletzung / Rotlichtmissachtung (43 Prozent), Unachtsamkeit / Ablenkung (20 Prozent) und Missachtung von Ge- oder Verboten (13 Prozent). Im Jahr 2022 waren laut Statistik Austria bereits 33 Prozent aller verletzten Radfahrenden mit einem E-Bike unterwegs. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 lag dieser Wert noch bei 18 Prozent. Allerdings ist bei Radfahrunfällen die Dunkelziffer generell hoch, weil oft Alleinunfälle wie Sturz aufgrund hoher Geschwindigkeit oder rutschiger Fahrbahn vorliegen und viele Verletzte in der offiziellen Verkehrsunfallstatistik gar nicht aufscheinen. Laut Hochrechnung von KFV-Erhebungen in ausgewählten Krankenhäusern im Rahmen der Injury Database Austria (IDB-Austria) werden im Schnitt pro Jahr rund 10.000 Personen beim E-Bike-Fahren so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen.
KFV fordert Helmpflicht und Bewusstseinsbildung
Aufgrund der hohen Verletzungsschwere fordert das KFV eine Helmpflicht für E-Bike- sowie auch für E-Scooter-Fahrende. Weiters braucht es eine verstärkte Bewusstseinsbildung, damit die Helme dann auch tatsächlich und mit voller Überzeugung von allen getragen werden. „Vielfach bedarf es vermutlich nur eines kleinen Motivationsschubs, denn bereits jetzt ist vielen E-Bike-Nutzern:-Nutzerinnen die erhöhte Gefahr offenbar durchaus bewusst, wie Erhebungen des KFV zeigen. Demnach liegt die Helmtragequote bei Fahrrädern erst bei 41 Prozent, bei E-Bikes aber schon bei 62 Prozent“, erläutert Robatsch. Ein um das 11-Fache erhöhtes Risiko einer Schädel-Hirn-Verletzung gegenüber den Helmträgern:-trägerinnen ist jedenfalls ein sehr gewichtiges Argument, dass tatsächlich jeder:jede Einzelne einen Helm aufsetzt. Bei E-Bikes sollte dies aufgrund der größeren Gefahr sogar verpflichtend vorgeschrieben werden.
Dazu sind nach Ansicht der Experten:Expertinnen auch Bewusstseinsbildungsmaßnahmen zum Tragen eines Helmes, zur Teilnahme an freiwilligen E-Bike-Fahrsicherheitskursen, zum langsamen Annähern an Kreuzungen oder auch zum richtigen Verhalten bei Grundstücksausfahrten erforderlich. Zu mehr Sicherheit würde auch eine eigene Radinfrastruktur in jenen Bereichen beitragen, in denen andere Verkehrsteilnehmer:innen mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind (50 km / h und mehr) oder wo viel Verkehrsaufkommen herrscht. Im Mischverkehr mit Radfahrenden sollten maximal 30 km / h erlaubt sein. (rh)
Zahlen & Fakten
- 50 % der im letzten Jahr tödlich verunglückten Radfahrer waren mit E-Bikes unterwegs.
- 66 % der getöteten Radfahrer waren über 65 Jahre.
- 33 % der Radfahrer waren laut Statistik Austria im Jahr 2022 bereits mit einem E-Bike unterwegs.