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AUVA „Komm gut an!“: Mehr Sicherheit für Radfahrende

„trafficsafety4you“ ist ein Programm, das speziell für Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren entwickelt wurde. Es ergänzt das bisherige Mobilitätserziehungsangebot zwischen freiwilliger Radfahrprüfung und Führerscheinprüfung. Eingegangen wird dabei auch auf die Radfahrperspektive.

Das trafficsafety4you-Programm umfasst vier Module, die jeweils vier Schulstunden dauern und von erfahrenen Verkehrspsychologen:-psychologinnen in Anwesenheit der Lehrperson im Klassenzimmer durchgeführt werden. Die interaktiven Module fokussieren auf die aus der Wissenschaft bekannten Hauptunfallursachen bei Jugendlichen: Alkohol, Drogen und Medikamente, Ablenkung, Müdigkeit. Erlebnisaufgaben wechseln mit multimedial unterstütztem Wissensinput, Diskussion, Einzel- und Kleingruppenarbeit sowie angeleiteter Selbstreflexion. Auf die jeweiligen Anliegen und Fragen der Klasse wird spezifisch eingegangen. Didaktisch wird ein Peer-to-Peer-Ansatz verfolgt. Bei der Diskussion und Reflexion wird darauf Wert gelegt, das Erfahrene und Gelernte auf den individuellen Verkehrsalltag herunterzubrechen und somit auf die jeweils aktuelle Mobilitätsform („Ich als Radfahrer:in habe für meine Sicherheit gelernt …“). Durch diese Transferübungen wird es Jugendlichen möglich gemacht, das eigene Verkehrsverhalten sowie die eigenen Verkehrseinstellungen kritisch zu hinterfragen und im Sinne der Verkehrssicherheit zu optimieren. Im Zuge der Workshops werden den Jugendlichen in ihrer Rolle als Radfahrende die Auswirkungen auf die eigene Sicherheit dargestellt. Ebenso werden Handlungsalternativen diskutiert, sodass Jugendliche zukünftig alkohol-, drogen- und ablenkungsfrei sowie ausgeruht und fahrtauglich aktiv am Radverkehr teilnehmen.

Hirnreife mitentscheidend für Sicherheit

Mit dem Einsetzen der Pubertät beginnt auch ein umfassender Hirnumbau. In dieser Phase gewinnt das Belohnungszentrum massiv an Bedeutung, durch dessen ausgeprägte Dominanz die Suche nach neuen Erfahrungen, Abwechslung und starken Emotionen, oftmals gepaart mit einem hohen Gesundheitsrisiko, für Jugendliche im Vordergrund steht. Gleichzeitig hinkt die Reifung des Kontrollzentrums zeitlich hinterher. Risikoreiches und spontanes Verhalten sind demnach auf das Ungleichgewicht zwischen Belohnungs- und Kontrollzentrum sowie auf die noch nicht fertig ausgebildete Kommunikation zwischen diesen Zentren zurückzuführen. Bei der praktischen Umsetzung wird auf diese Erkenntnisse aus der aktuellen Entwicklungspsychologie und Hirnforschung referenziert und bewusst das vorherrschende Ungleichgewicht zwischen Belohnungs- und Kontrollzentrum in der Zielgruppe berücksichtigt. Um Jugendliche auf dem Weg zu einer sicheren Verkehrsteilnahme zu begleiten, lernen sie konkret und praktisch in ­Rollenspielen, beispielsweise Gruppendruck zu widerstehen, ohne uncool zu sein.

Eine Studie von de Waard, Edlinger und Bookhuis1 zeigt, dass 68 Prozent der teilnehmenden Radfahrer:innen laute „Stopp“-Signale wegen Musikhörens mit Kopfhörern überhörten. Handytelefonieren verlangsamte Reaktionszeiten und setzte die auditive Wahrnehmung herab. Auch eine Studie von Huemer et al.2 macht sichtbar, dass das Ausüben von Nebentätigkeiten die Anzahl von Verstößen gegen Verkehrsregeln und schuldhaften Konflikten erhöhte. Viele Jugendliche überschätzen allerdings ihre Fähigkeiten des Multitaskings. Im Wissen um diese besondere Lebensspanne mit all ihren entwicklungsbedingten Reifungsprozessen setzt das Verkehrssicherheitsprogramm trafficsafety4you im Modul Ablenkung auf interaktive Parcours, die die Jugendlichen ihre Aufmerksamkeits- und Multitasking-Grenzen erfahren und erleben lassen, sodass sie ihre Verkehrsgewohnheiten neu bewerten, überdenken und im Sinne ihrer sicheren Verkehrsteilnahme verändern können.

Wie wirksam ist Mobilitätserziehung?

Das trafficsafety4you-Programm wurde einer qualitativen Konzeptevaluation und einer quantitativen Wirksamkeitsevaluation im Längsschnittdesign nach dem integrativen Baukastensystem für Evaluationen in der Prävention (AUVA) durch das Bonner Institut für Rechts- und Verkehrspsychologie unterzogen und positiv bewertet. Die Wirksamkeit der trafficsafety4you-Module konnte belegt werden. Die Jugendlichen vergrößerten ihr Wissen zum jeweiligen Modulthema und konnten darüber hinaus Handlungsstrategien für die sichere Verkehrsteilnahme erlernen3, 4. Für das Modul Ablenkungsfreiheit zeigte sich beispielsweise, dass Schüler:innen, deren Einstellungen durch die Programmteilnahme positiv verändert wurden und denen der Transfer des Gelernten in den Verkehrsalltag gelang, in den folgenden sechs Monaten im Straßenverkehr seltener in gefährliche Situationen gerieten3. (jr)

AUVA-Schwerpunkt: Komm gut an!

Unfälle im Verkehr gefährden Menschenleben wie sonst keine andere Quelle in der Arbeitswelt. In den letzten Jahren wurden jährlich mehr als 9.000 Erwerbstätige bei Verkehrsunfällen auf Dienstreisen und Wegen von und zur Arbeit verletzt. Die Verletzungen dabei sind häufig schwer. 2022 waren 35 % aller tödlichen Arbeitsunfälle Verkehrsunfälle (43 Todesopfer).

Mit dem Präventionsschwerpunkt „Komm gut an!“ 2022 – 2024 rückt die AUVA ihre zahlreichen Aktivitäten zum Thema Verkehrssicherheit im Kontext Arbeit und Bildung ins Rampenlicht. Ziel ist es, das Bewusstsein für das Thema Verkehrssicherheit zu erhöhen, notwendiges Wissen zur Umsetzung zu vermitteln und dadurch Unfälle zu reduzieren.

Das Programm wird von der AUVA finanziert und für Bildungseinrichtungen kostenfrei angeboten. Es kann unter
sicherunterwegs.at oder office@sicherunterwegs.at gebucht werden.

Quellen

1 de Waard, D., Edlinger, K. & Brookhuis, K. (2011). ­Effects of listening to music, and of using a handheld and handsfree telephone on cycling behaviour. Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour, 14(6), 626–637.
2

Huemer, A.-K., Banach, E., Bolten, N., Helweg, S., Koch, A. & Martin, T. (2022). Secondary task engagement, risk-taking, and safety-related equipment use in German bicycle and e-scooter riders – An observation. Accident Analysis & Prevention, Volume 172. doi.org/10.1016/j.aap.2022.106685


3 Banse, R., Warkentin, R., Klein, L. & Stegers, T. (2020). Abschlussbericht zur Evaluation des Verkehrssicherheitstrainings trafficsafety4you. Bonn: Bonner Institut für Rechts- und Verkehrspsychologie.
4 Koppehele-Gossel, J. & Banse, R. (2017). Evaluationsbericht zum Präventionsprogramm „trafficsafety4you“. AUVA Report Nr. 76. Wien: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt AUVA
Jugendliches Mädchen hüpft mit Kopfhörern auf dem Kopf über ein Gymnastikseil innerhalb eines Geschicklichkeitsparcours.
© A. Kawka