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AUVA Sicherheit: Mit Drohnen gegen Lawinenabgänge

Gefährliche Einsätze in Lawinengebieten sind für den Kleinbetrieb „Höhenarbeit GmbH“ in Salzburg kein ­Thema. Durch den Einsatz von unbemannten Drohnen können Lawinen effizienter und wesentlich sicherer gesprengt werden.

Das Jahrhundertereignis von Galtür 1999, bei dem 31 Menschen ums Leben gekommen sind, hat gezeigt, dass trotz des vermeintlichen Rückgangs der Schneemassen durch den Klimawandel weiterhin erhebliche Naturgefahren lauern können. Der westliche Teil Österreichs ist aufgrund seiner Topografie besonders von Lawinenabgängen betroffen. Neben permanenten Lawinenschutzmaßnahmen kommen auch Lawinensprengungen zum Einsatz.

Vorbereitungsarbeiten schon im Sommer

Der Betrieb „Höhenarbeit“, Spezialist für Seilschaft und Industrieklettern mit Firmensitz in St. Veit im Pongau, ist unter anderem auf Sprengarbeiten von Lawinen und Vermessungen der Landschaft spezialisiert. Der Geschäftsführer, Philipp Knab, und sein engagiertes Team arbeiten – statt wie sonst üblich mit dem Hubschrauber oder persönlich – mit unbemannten Drohnen. Die Vorbereitungen für die bevorstehenden Lawinensprengungen werden bereits im Sommer getroffen. Dabei werden die genauen Vermessungspunkte mittels Drohnen eruiert, vermessen und markiert, um die gefährlichen Stellen bei Schneelage besser einschätzen zu können. Im Winter kann nahezu gefahrlos der Sprengstoff mit der unbemannten Drohne zur Gefahrenstelle geflogen und gezielt über der Schneedecke gezündet werden. So werden Gefahrenmomente für Beschäftigte ausgeschaltet.

Statt – wie sonst üblich – Sprengpunkte nach detaillierten Ortskenntnissen und statistischen Erfahrungswerten zu ermitteln, setzt „Höhenarbeit“ auch hier Drohnen als Hilfsmittel ein, um einerseits die Sicherheit zu erhöhen und andererseits den Arbeitsaufwand zu reduzieren und gleichzeitig die Effizienz der Sprengungen zu steigern.

Gebiet und seine Grenzen bestimmen

Damit eine Lawine kontrolliert gesprengt werden kann, wird in der schneefreien Zeit ein 3D-Scan des Urgeländes aufgenommen. Im Winter wird derselbe Scan nochmals über die Schneeoberfläche durchgeführt. Die Differenz der beiden Oberflächen ergibt die Schneehöhe. Um Neuschneemengen zu ermitteln, können im Winter mehrere Flüge durchgeführt werden.

Das von „Höhenarbeit“ eingesetzte Verfahren basiert auf einem Fotogramm-Metrie-Prozess, wobei das 3D Modell aus vielen verschiedenen Fotos aus unterschiedlichen Perspektiven des Lawinenhangs mit einem Hochleistungscomputer gerechnet wird. Ein guter Vergleich ist das menschliche Auge und Gehirn, das mithilfe von zwei „Bildern“ Tiefeninformation „errechnen“ kann.

Das Gebiet und seine Grenzen müssen bestimmt werden. Mithilfe der Grenzkoordinaten kann das Team für die Drohne einen automatischen Flug planen. Dabei werden Wegpunkte in einem Raster erstellt und damit gleichmäßige und flächendeckende Aufnahmen ermöglicht. Die erstellte Mission kann nun kabellos an die Drohne gesendet werden. Am Feld werden, falls eine zentimetergenaue Vermessung nötig ist, zuerst die Vermessungsplatten möglichst gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt. Dann muss jeder Punkt einzeln eingemessen werden. So werden die Koordinaten millimetergenau bestimmt. Nach verschiedenen technischen Vorbereitungsprozessen erfolgt der Zusammenbau der Drohne am Gelände. Danach wird diese kabellos mit dem Laptop verbunden, um die Wegpunkte für den automatischen Flug hochzuladen. Zur Überprüfung der unbemannten Drohne werden immer Vorflugkontrollen durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Drohne keine offensichtlichen Mängel aufweist.

Sobald sich alle Personen aus dem Sicherheitsbereich entfernt haben, wird die Drohne üblicherweise manuell gestartet und in eine gute Sicherheitshöhe gesteuert. Mittels eines Schalters an der Fernsteuerung wird der Automatik-Flugmodus der Drohne ausgewählt, welche dann ohne Piloteneingriff den Flug durchführt und die nötigen Fotos erstellt. Sie speichert die genauen Koordinaten zu jedem Foto, das in Folge für die Nachbearbeitung am Büroschreibtisch wichtig ist. Am Ende landet die Drohne entweder automatisch auf der Startposition oder wird manuell gelandet.

Lawinensprengung mit Drohne

Wenn es die Lawinensituation erfordert, rückt das Team von „Höhenarbeit“ mit der unbemannten Drohne zum Einsatzort aus. Zuerst wird eine sichere Start-Landeposition bestimmt, die drei Kriterien erfüllen muss: Lawinensicherheit, ausreichende Größe für Starts und Landungen und eine freie Fläche in mindestens eine Richtung, wo das Tau mit der Sprengladung vorbereitet und anhängt wird. Die Drohne wird wie bei der 3D-Scan-Methode vorbereitet, anstelle der Kamera wird aber ein langes Tau mit Sprengstoff montiert. Dieser wird noch am Tau gezündet, weil eine Sprengung ein paar Meter über der Schneedecke den vierfachen Wirkungsgrad erreicht im Vergleich zu einer Ladung, die in die Schneedecke geworfen wurde. Der Flug mit der Sprengung kann entweder teilautomatisch oder manuell durchgeführt werden.

Mit dieser Methode lassen sich, unter Berücksichtigung der im Arbeitnehmer:innenschutz vorgesehenen Grundsätze, der Gefahrenverhütung sowie dem Einsatz technischer Maßnahmen (STOP-Prinzip), Gefahrenmomente für Mitarbeiter:innen weitestgehend ausschalten. Drohnen können von einer sicheren Distanz aus gesteuert werden. Im Zuge der Arbeitsvorbereitung und Evaluierung können das Gelände mit den Drohnen vermessen und dadurch die Schneehöhen ermittelt werden. Darauf abgestimmt können die Sprengstoffmenge sowie die Anzahl der Sprengungen reduziert werden. Diesem Umstand ist eine deutliche Gefahrenreduktion der Beschäftigten zu verdanken.

Sicher arbeiten auch bei schlechter Sicht

Darüber hinaus lässt sich die notwendige Sprengstoffmenge auf etwa 25 Prozent reduzieren, denn die Explosion erfolgt etwas oberhalb der Schneedecke, da die Krafteinwirkung hier ein Optimum erreicht. Im Vergleich zu konventionellen Lawinensprengungen können Sprengungen auch bei schlechten Sichtverhältnissen, wie etwa bei Nebel, durchgeführt werden.

Mit dieser innovativen Methode werden Menschen bei Lawinensprengarbeiten nicht mehr gefährdet. Denn Sprengarbeiten dieser Art sind äußerst gefährlich, weil entweder Personen direkt auf dem Lawinenfeld gehen müssen, um den Sprengstoff zu platzieren, oder mit dem Hubschrauber in die „tote Zone“ geflogen werden. Bei einem möglichen Motorausfall hat das Luftfahrzeug keine Möglichkeit, eine Autorotation durchzuführen, um den Hubschrauber an einem sicheren Ort zu landen. Die Präventionsmaßnahme wurde vor zwei Jahren mit einer Nominierung zur Goldenen Securitas 2021 in der Kategorie „Innovativ für mehr Sicherheit“ ausgezeichnet. Einreichschluss für die Goldene Securitas 2023 ist der 12. Mai 2023.
auva.at/goldenesecuritas

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