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Sanfte Anstöße zur Heilung

„Heilung durch Licht“ – dieses Versprechen lässt bei vielen Menschen sogleich die Esoterik-Alarm­glocke läuten. Dabei konnte der Lichttherapie, im Fachjargon „Photobiomodulation“ genannt, jedoch tatsächlich großer Einfluss auf die Zellen unseres Körpers nachgewiesen werden. Die Forschung läuft auf Hochtouren.

Bereits 2009 entwickelte die TU Wien ein Therapiegerät, das durch die Wiener Firma REPULS weiterentwickelt und vertrieben wird. Der REPULS Tiefenstrahler hielt seither in zahlreiche Arztpraxen Einzug. Die schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung von Licht bestimmter Wellenlängen ist klinisch bestätigt. Aber wie genau kann das funktionieren?

Es ist immer noch nicht vollständig geklärt, wie sich das Licht auf das Gewebe und die darin enthaltenen Körperzellen auswirkt. Allerdings nicht, weil es an Hinweisen mangelt. Vielmehr werden immer mehr Moleküle in den Zellen entdeckt, die durch Licht beeinflusst werden. Studien am LBI Trauma zeigten, dass die Aktivität der Mitochondrien, der Kraftwerke der Zellen, und die Energieproduktion (ATP) angeregt werden, was die Zellteilung begünstigt und den Zellstoffwechsel schneller ablaufen lässt. Außerdem wird durch Licht, vor allem mit kurzer Wellenlänge, Stickstoffmonoxid freigesetzt, ein wichtiger Botenstoff im Körper, der unter anderem die Erweiterung von Blutgefäßen bewirkt.

Wie Zellen auf Licht reagieren

Die Auswirkungen innerhalb der Zellen sind so mannigfaltig, dass es oft schwierig ist, vorauszusagen, wie die Zelle in Summe reagiert. Deshalb wird auch das Verhalten der Zellen genau unter die Lupe genommen. Eine Studie unter der Leitung von DI Dr. Peter Dungel, Projektleiter Biophysikalische Therapien am LBI, und Dr. Susanne Wolbank, PhD,  vom Bereich Tissue Engineering am LBI konnte zeigen, dass sich Fettstammzellen nach der Behandlung mit pulsierendem Licht öfter teilen und größere Zellkolonien bilden. Zudem war deren Fähigkeit, kapillarnetzwerkähnliche Strukturen auszubilden, erhöht und sie bildeten vermehrt VEGF, ein Signalmolekül, das die Gefäßbildung anregt.
In einer weiteren Studie ging es darum, nachzuweisen, ob das Licht Fettstammzellen dazu anregen kann, unter geeigneten Bedingungen Knorpel zu bilden. Das funktioniert nämlich nicht bei jedem Zellspender gleich gut. Sollen diese Zellen aber später einmal zur Behandlung von Knorpeldefekten eingesetzt werden, ist es wichtig, dass jeder Patient gute Chancen für eine Knorpelbildung hat. Es stellte sich heraus, dass vor allem rotes Licht die Knorpelbildung aktivieren konnte – auch in Zellen von Spendern, die ohne Licht dazu nicht in der Lage waren. Eine Untersuchung der Genexpression zeigte, dass diese Zellen zuvor viele Entzündungsmarker gebildet hatten. Nach der Lichttherapie war dies nicht mehr der Fall.

Wundheilung im Fokus

Auch über die Zellebene hinaus hat Licht positive Eigenschaften. Die Vielzahl von positiven Effekten, die im Labor festgestellt werden können, lässt sich auch in präklinischen und klinischen Einsätzen beobachten. Auch wurde am LBI Trauma bereits sehr viel auf dem Gebiet der Wundheilung untersucht.

Wundheilungsstörungen sind im Steigen begriffen und führen neben der persönlichen Belastung zu massiven Kosten im Gesundheitssystem. Sie treten oft im Zusammenhang mit Diabetes oder langer Bettlägerigkeit auf. Rund ein Prozent der Bevölkerung leidet an einer chronischen Wunde. Hier entfaltet die Lichttherapie ihr Potenzial als kosteneffiziente, nicht-invasive Therapieform zur Geweberegeneration und Wundheilung. Die Verbesserung von gestörter Wundheilung durch Lichttherapie konnte bereits in mehreren Studien bestätigt werden. Gewebsnekrosen, hervorgerufen durch eine Sauerstoffunterversorgung der Wunde, können reduziert und eine verbesserte Durchblutung von Wundarealen gefördert werden. Ebenso können das Zellwachstum und die Netzwerkbildung von Endothelzellen, welche für die Neubildung von Blutgefäßen verantwortlich sind, angeregt werden.

Zuletzt lässt sich die Wirkung von Licht auch mit speziellen Substanzen  kombinieren. Im Zuge dieser „photodynamischen Therapie“ werden Sauerstoffradikale gebildet, die unter anderem antibakteriell wirken, was sich positiv auf die Wundheilung auswirkt. Gerade bei chronischen Wunden ist daher die Lichttherapie besonders vielversprechend.

Ebenfalls klinisch etabliert ist die extrakorporale Stoßwellentherapie. Bereits seit den 80ern zur Zertrümmerung von Nierensteinen eingesetzt, wurde entdeckt, dass im Rahmen dieser Therapie auch die Knochenneubildung angeregt werden kann. Studien bestätigten: Die Stoßwellentherapie hilft bei schlecht oder nicht heilenden Knochen. Das UKH Meidling war weltweit wegweisend bei der Etablierung dieser Therapie. Derzeit wird am LBI Trauma der Einfluss der extrakorporalen Stoßwellentherapie auf Nervengewebe untersucht. Es zeigte sich, dass sie zu einer schnelleren Überbrückung peripherer Nervendefekte führt. Im Rahmen eines Wings-for-Life-Projekts wird derzeit ihr Einsatz bei Rückenmarksquetschungen getestet – mit vielversprechenden Ergebnissen.

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Viele positive Effekte, die im Labor festgestellt werden können, lassen sich auch in präklinischen und klinischen Einsätzen beobachten.
© Natali_Mis/iStock