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Schulungen und Sport

Die Energie Steiermark achtet schon im Rahmen der Ausbildung von Lehrlingen auf die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen.

Rückenschmerzen? „Mich betrifft das nicht“, ist die Meinung vieler junger Menschen. Dass Fehl- und Überbelastungen oft Jahre später zu einer Muskel-Skelett-Erkrankung (MSE) führen können, wird gedanklich rasch zur Seite geschoben. Wie die Verhinderung von MSE schon in jungen Jahren trotzdem gelingen kann, weiß der Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. Kurt ­Leodolter, MSc PHM, von der AUVA-Landesstelle Graz: „Die Jungen müssen wir über ihre Freude an der eigenen Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit motivieren. Der Hinweis auf eventuelle Krankheitsfolgen in ferner Zukunft erreicht sie nicht.“

Körperliche Belastungen

Auf Motivation und Prävention durch Sport setzt auch die Energie Steiermark AG. Die Arbeit bei Österreichs viertgrößtem Energie- und Dienstleistungsunternehmen ist körperlich herausfordernd, beschreibt Sicherheitsfachkraft sowie Klinischer und Gesundheits­psychologe Ing. Mag. Heimo Pilko, Leiter der Stabsstelle Arbeitspsychologie: „So wiegt beispielsweise das Werkzeug für Stördiensteinsätze zehn bis zwölf ­Kilogramm. Um das tragen zu können, muss man die entsprechenden körperlichen Voraussetzungen mitbringen.“ Auf Baustellen müssen zum Teil auch schwerere Anlagenteile installiert werden. Beim Verlegen von Erdkabeln nimmt man häufig eine hockende oder kniende Haltung ein.

Tätigkeiten, die langfristig den Bewegungs- und Stützapparat schädigen können, werden bei der Energie Steiermark in der Lehrlingsausbildung vermieden, betont der Leiter der Lehrlingswerkstätte DI (FH) Alexander Krampl: „Für das Heben und Transportieren schwerer Lasten kommen geeignete technische Maßnahmen zum Einsatz, zum Beispiel Stapler oder Hubwagen. Im Bereich der Netztätigkeiten wird, wenn möglich, ein Arbeitskorb verwendet.“ In den ersten zweieinhalb Monaten der Metallgrundausbildung müssen die Lehrlinge oft an der Werkbank ­stehen. Die Höhe lässt sich verstellen, um ­Personen unterschiedlicher Körpergröße eine ergonomisch günstige Haltung zu ermöglichen.

Präventionsmaßnahmen

Zur Prävention von Gesundheits­schäden steht die AUVA dem Unternehmen schon seit Jahren mit Rat und Tat zur Seite. Beim jährlichen AUVA-Sicherheitstag für Lehrlinge gibt es unter anderem Informationen zu richtigem Heben und Tragen. Anlässlich des ­AUVA-Präventionsschwerpunktes zu Muskel-Skelett-Erkrankungen wurde 2021 eine AUVA-Schulung für Sicherheitsfachkräfte und Mitarbeiter:innen, die mit den Lehrlingen arbeiten, durchgeführt. Der Fokus der halbtägigen ­Veranstaltung „Lastenhandhabung und Gefahrenstoffe in der Lehrzeit“ lag auf der Erkennung von Risiken für MSE im Rahmen der Arbeitsplatzevaluierung. Auch Online-Schulungsangebote und schriftliche Unterlagen der AUVA zur MSE-Prävention werden genutzt.

Um den Lehrlingen die Präventionsmaßnahmen nahezubringen, versucht man, die Inhalte so zu verpacken, dass sie interessant und leicht verstehbar sind. Gefahren werden mit möglichst plastischen Beispielen aus der Praxis ­illustriert. „Es geht darum, Hintergrundwissen zu vermitteln und immer eine Erklärung zu liefern. ‚Das machen wir, weil es der Chef gesagt hat‘, reicht nicht aus. Die Jungen müssen einen Sinn in den Maßnahmen sehen“, ist Krampl überzeugt. Damit sei es aber nicht getan, eine wesentliche Rolle ­spiele die Vorbildwirkung von Vorgesetzten und Ausbildnern:Ausbildnerinnen.

Haben die Lehrlinge begonnen, sich mit der Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen und Unfällen auseinanderzusetzen, überlegen sie selbst, was sie bei der Arbeit anders machen könnten. Leodolter schildert, dass die jungen Mitarbeiter:innen auch voneinander lernen: „Die Beteiligung der Jungen in Form von Peer-to-Peer-Education stößt bei ihnen auf große Resonanz. Die Lehrlinge analysieren zum Beispiel ihre eigenen Unfälle, das sind vor allem kleine Schnittverletzungen an der Hand, meist durch Abrutschen mit dem Schraubendreher. Sie reden darüber, wie solche Unfälle verhindert werden können.“

Lehrlingssport

Bei der Energie Steiermark beginnt für die Lehrlinge jeder Arbeitstag mit 20 Minuten Morgensport, der zur Arbeitszeit zählt. Wenn der:die Ausbildner:in etwas später kommt, beginnen die Lehrlinge selbstständig mit den Übungen. Daran sieht man, wie sehr sich die morgendliche Bewegungseinheit bereits zu einer liebgewonnenen Gewohnheit entwickelt hat. Jeden Freitag stehen eineinhalb Stunden Lehrlingssport auf dem Programm. Damit niemand über- oder unterfordert ist, werden die Lehrlinge in Gruppen eingeteilt, die entsprechend ihrer jeweiligen konditionellen Voraussetzungen walken, langsamer oder schneller laufen. Wahlweise kann auch Fußball gespielt werden – ein Mannschaftssport, der das Gemeinschaftsgefühl fördert. Die Freude der Lehrlinge war groß, als nach der Corona-bedingten Sportpause zuerst das Laufen, später auch das Fußballspielen wieder aufgenommen werden konnte. Zusätzlich zu den regelmäßigen Sporteinheiten bietet die Energie Steiermark Ski- und Erlebnistage an.

Beratung durch das Arbeitsinspektorat

Nicht in allen Unternehmen werden so viele Aktivitäten für MSE-Prävention bei jungen Arbeitnehmern:Arbeitnehmerinnen gesetzt. Zur Verbesserung der Situation führte das Arbeitsinspektorat 2022 einen Beratungs- und Kon­trollschwerpunkt an Arbeitsplätzen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 24 Jahre durch. Es fanden Betriebsbesuche in Lehrbetrieben statt, in denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass bei jungen Arbeitnehmern:Arbeitnehmerinnen übermäßige Belastungen des Muskel- und Skelettapparats auftreten. Die Fachleute besichtigten 485 Arbeitsplätze jugendlicher und junger Arbeitnehmer:innen. Bei den Kontrollen wurden gesamt 2.768 einzelne Tätigkeiten betrachtet, mit denen 3.550 Arbeitnehmer:innen beschäftigt waren.

Für den Beratungs- und Kontrollschwerpunkt hat das Arbeitsinspektorat in Kooperation mit der AUVA eine Checkliste erstellt. „Die Checkliste enthält mess- und beurteilbare Parameter sowie Beispiele typischer Tätigkeiten und Angaben zur betroffenen Körperregion“, erklärt DI Ernst Piller, Leiter der Abteilung Technischer Arbeitnehmerschutz in der Sektion II – Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat. Das Besondere an dieser Checkliste ist eine Unterscheidung der Belastungsgrenzen bei Erwachsenen und bei Jugendlichen. So wird etwa das Gewicht der Last, die Dauer der Tätigkeit oder die Anzahl der Wiederholungen bei Jugendlichen anders bewertet.

Stellen die Arbeitsinspektoren:inspektorinnen Risikofaktoren für MSE fest, beraten sie den:die Arbeitgeber:in, damit die Belastungen und die daraus resultierende Beanspruchungen evaluiert und Maßnahmen gesetzt werden. Entwarnung gibt es laut Piller, wenn die in der Checkliste angegebenen Belastungsgrenzen eingehalten werden: „Bei Unterschreitung der Parameter sind mit großer Wahrscheinlichkeit keine langfristigen Schäden zu erwarten, daher besteht kein Handlungsbedarf durch das Arbeitsinspektorat und das Unternehmen.“ (rp)

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So nicht! In der Lehrwerkstätte der Energie Steiermark AG darf auch ein bisschen Spaß beim Erklären der ergonomisch günstigen Haltung sein.
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