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Schwere Lasten: Achtung, Unfallgefahr!

Richtiges Heben und Tragen schützt nicht nur vor Muskel-Skelett-Erkrankungen, sondern auch vor Arbeitsunfällen.

Körperliche Fehlbelastungen erhöhen das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) und führen zu schnellerer Ermüdung, wodurch die Unfallwahrscheinlichkeit steigt. Laut AUVA-Statistik steht jeder zehnte anerkannte Arbeitsunfall zwischen 2015 und 2019 in Zusammenhang mit einer „Bewegung des Körpers unter körperlicher Belastung“. Dazu zählen Unfälle beim Heben und Tragen oder beim Ziehen und Schieben von Lasten. Neben der Verhinderung von MSE ist auch Unfallverhütung ein wichtiges Thema im Rahmen des AUVA-Präventionsschwerpunkts 2021/22 „Packen wir’s an!“.

STOP-Prinzip

„Die meisten Unfälle sind auf das Zusammentreffen von mindestens zwei Faktoren zurückzuführen, also wenn eine schwere Last manipuliert wird und dies zusätzlich zum Beispiel auf einem unebenen Boden, in beengten Räumlichkeiten oder mit einer durch die Last beeinträchtigten Sicht stattfindet“, erklärt Mag.a Julia Lebersorg-Likar, Fachkundiges Organ Ergonomie in der AUVA-Hauptstelle. Um Unfälle zu verhindern, müssen daher alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden, wobei nach dem STOP-Prinzip – Substitution vor technischen und organisatorischen sowie zuletzt personenbezogenen Maßnahmen – vorzugehen ist.

Der erste Schritt besteht also darin, die händische Manipulation schwerer Lasten durch automatisierte Verfahren, etwa den Einsatz von Förderbändern, zu ersetzen. Ist das nicht möglich, sind technische Maßnahmen das Mittel der Wahl. Zur Verfügung stehen Hebehilfen wie Minikräne oder Vakuumheber und Transporthilfen wie Hubwagen, Rolltische oder Scheibtruhen.

Mag.a Michaela Strebl, Ergonomin in der AUVA-Hauptstelle, weist darauf hin, dass Hilfsmittel vor dem Kauf, sofern möglich, durch Anwender:innen auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden sollten. Eine griffbereite Aufbewahrung sowie das Integrieren des Hilfsmittels in den Arbeitsprozess tragen zur regelmäßigen Verwendung bei.

Pausen oder Tätigkeitswechsel

Als wesentliche organisatorische Maßnahme nennt Strebl die zeitliche Beschränkung von Arbeiten, die den Bewegungs- und Stützapparat stark beanspruchen. Das kann durch ausreichende Pausen oder Tätigkeitswechsel erfolgen. „Man sollte dabei zu einer weniger belastenden Tätigkeit wechseln, also nicht nach schwerem Heben und Tragen einen schweren Trolley ziehen“, so die Ergonomin. Wo dies nicht möglich ist, lässt sich die Belastung reduzieren, indem man Lasten teilt, zum Beispiel für Arbeitsstoffe, die händisch manipuliert werden müssen, kleinere Gebinde wählt und schwere Gegenstände zu zweit transportiert.

Zur leichteren Handhabung sperriger Lasten können Hebeklemmen, Saugscheiben oder Tragegurte verwendet werden. Auch eine für die jeweilige Tätigkeit passende persönliche Schutzausrüstung (PSA) dient dazu, Verletzungen durch Unfälle zu vermeiden. Ist an einem Arbeitsplatz die Manipulation von Lasten vorgesehen, müssen Sicherheitsschuhe getragen werden, die mit einer rutschsicheren Sohle ausgestattet sind und dem Fuß Halt geben. Handschuhe schützen nicht nur vor Verletzungen, wie durch durch scharfkantige oder heiße Gegenstände, sie ermöglichen auch einen besseren Griff. Durch regelmäßige Schulung und Unterweisung wird gewährleistet, dass die Mitarbeiter:innen die richtige Technik beim Heben und Tragen kennen und anwenden.

Gefahrenquellen

Zunächst gilt es, mit offenen Augen durch den Betrieb zu gehen, um potenzielle Gefahrenquellen zu erkennen und anschließend zu beseitigen oder zu minimieren. Hier seien auch die Arbeitnehmer:innen gefordert, betont die Ergonomin, und nennt ein Beispiel: „Bevor ich eine schwere Last transportiere, schaue ich mir den Weg genau an: Gibt es Engpässe? Wo sind Stolperfallen wie Unebenheiten im Boden, Kabel oder herumliegendes Werkzeug?“

Welche unfallträchtigen Situationen auftreten können, hängt vom Beruf und der jeweiligen Tätigkeit ab. So besteht im Transportgewerbe beim Ein- und Ausladen ein erhöhtes Stolperrisiko, in der Gebäudereinigung Rutschgefahr durch feuchte Böden. Bei der Heimpflege stellen enge Räume, verrutschende Teppiche und schlechte Lichtverhältnisse eine besondere Herausforderung dar. Ein von beiden Seiten zugängliches höhenverstellbares Bett, das Dr. Kurt Leodolter, Facharzt für Arbeitsmedizin in der AUVA-Landesstelle Graz, als Basisanforderung für gesunde Pflegearbeit bezeichnet, ist nicht immer vorhanden.

Mit schwierigen räumlichen Gegebenheiten in Privatwohnungen sind auch Tischler:innen und Installateure:Installteurinnen konfrontiert, etwa bei der Montage von Einbauküchen oder Heizsystemen. Zu ungünstigen Umgebungsbedingungen kommt häufig Zeitdruck, wie durch einen engen Terminplan oder eine verkehrsbedingte Verspätung. „Hilfsmittel werden oft nicht verwendet, wenn es schnell gehen muss, Tragegurte nicht ordentlich angelegt. Das erhöht das Unfallrisiko“, gibt Leodolter zu bedenken. Bei Lasten, die subjektiv nicht als „schwer“ empfunden werden, verzichten viele auf Hilfsmittel, was zu Unfällen und längerfristig zu Schäden des Bewegungs- und Stützapparats führen kann.

Verletzungen verhindern

Die häufigsten Verletzungen, die durch Unfälle bei der Manipulation von Lasten verursacht werden, sind Verstauchung, Zerrung oder Knochenbruch als Folge eines Sturzes. Auch rutschende oder fallende Lasten haben mitunter Brüche zur Folge. Schnittwunden, Quetschungen oder Verbrennungen treten vor allem dann auf, wenn der:die Beschäftigte keine geeignete PSA trägt. „Unser Körper hat eine große Fähigkeit zu heilen. Nicht immer jedoch gelingt die Heilung gänzlich und manche Narbe zeugt von einem überstandenen Unfall. Bei einem gewissen Prozentsatz führen die Folgen des Unfalls wie länger andauernder Schmerz oder Schonhaltungen zu weiteren Muskel-Skelett-Erkrankungen“, so Leodolter.

Der Arbeitsmediziner berichtet über ein insgesamt gestiegenes Sicherheitsbewusstsein der arbeitenden Bevölkerung. Ausbildungen spielten dabei eine wesentliche Rolle: „Bewegung muss aktiv geschult werden, das heißt: Nicht nur erklären, sondern vorzeigen und üben lassen. Beim AUVA-Programm BAUfit lernt man zum Beispiel das richtige Heben und Tragen auf der Baustelle.“

Weitere Angebote der AUVA wie Seminare und Workshops sind während des Präventionsschwerpunkts um 50 Prozent ermäßigt. Außerdem bietet die AUVA 2021/22 zum Thema arbeitsbedingte MSE verstärkt Veranstaltungen wie „Risikofaktor Lastenhandhabung – Prävention arbeitsbedingter Muskel-Skelett-Erkrankungen“ am 8. März 2022 in Graz an sowie Publikationen wie die Merkblätter M 025 „Heben und Tragen, Ziehen und Schieben“ und M.plus 021 „Ergonomie – Grundlagen der Arbeitsplatzgestaltung“.(rp)

Info & Kontakt

Informationen zu Seminaren, Veranstaltungen und zur Merkblatt-Bestellung auf der Schwerpunkt-Webseite:
www.auva.at/mse

Arbeiter beim Heben eines Pakets in einer Lagerhalle
© R. Reichhart