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Bildschirmarbeit: Augen im digitalen Stress

Die Arbeit mit Bildschirmen – vom Display am Handy bis hin zum Computerscreen – nimmt im Arbeitsleben eine zunehmend große Rolle ein. Welchen Stellenwert die Augen aus arbeitsmedizinischer Sicht haben, weiß ­Arbeitsmediziner Dr. Kurt Leodolter, MScPHM, vom ­Unfallverhütungsdienst der AUVA-Landesstelle Graz.

Er liefert zudem Tipps für entspanntes Sehen.

Wie wirkt sich die Bildschirmarbeit auf die Augen und die Sehleistung aus?
Menschen sind „Sehtiere“, das heißt, unser Sehsinn liefert einen großen Teil der Informationen über die Außenwelt und beschäftigt immerhin ständig ein Viertel des Gehirns mit der Verarbeitung von Information. Damit ist der Sehsinn das wichtigste Sinnessystem des Menschen. Jedoch sind wir nicht darauf ausgelegt, unseren Blick immer nur in der Nähe zu fixieren. Das Auge benötigt Abwechslung, den Blick in die Ferne und damit Entspannung. Bei der Bildschirmarbeit oder am Mobiltelefon blicken wir aber in eine Entfernung von nur 50 bis 70 cm. Dabei muss sich der sogenannte Ziliarmuskel ständig anspannen. Er ist dafür verantwortlich, die Rundung der Linse so zu regulieren, dass je nach Abstand ein scharfes Bild an der Netzhaut entstehen kann.

Welche Folgen hat die ständige ­Anspannung des Muskels?
Erst kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation gewarnt, dass bis 2030 weltweit über drei Milliarden Menschen von Kurzsichtigkeit betroffen sein werden. Bis Mitte des Jahrhunderts könnte gut die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein. Besonders junge Menschen sind betroffen, was Experten:Expertinnen auf die intensive Nutzung von Bildschirmen zurückführen. Wie immer „macht die Dosis das Gift“, daher hat der Gesetzgeber bei Bildschirmarbeit regelmäßige Pausen vorgeschrieben, und zwar alle 50 Minuten mindestens zehn Minuten. Leider ist es aber so, dass viele Arbeitnehmer:innen die Pause dann dazu nutzen, um auf ihr Smartphone zu schauen, und auch die Freizeit verbringen viele Menschen vor einem Bildschirm.

Wie verändert sich das Sehleistungsvermögen im Alter?
Mit zunehmendem Alter verliert die Linse des Auges an Flexibilität und ihre Elasitizität nimmt ab, sodass weniger gut auf nahe liegende Objekte fokussiert werden kann. Dieser Zustand wird als Altersweitsichtigkeit bezeichnet. Die Linse wird im Alter auch dichter, daher benötigen ältere Arbeitnehmer:innen mehr Licht am Arbeitsplatz. Außerdem verliert die Netzhaut, die die lichtsensiblen Zellen enthält, an Lichtempfindlichkeit. Deshalb wird beim Lesen ein helleres Licht benötigt. Im Durchschnitt benötigen 60-Jährige dreimal so viel Licht zum Lesen wie 20-Jährige. Die Pupille reagiert langsamer auf Lichtveränderungen, die Linse verfärbt sich, wodurch sich die Farbwahrnehmung verändert. Die Augen produzieren weniger Flüssigkeit, sodass sie sich trocken anfühlen. Auch lassen sich Einzelheiten oder Schattierungen schwerer erkennen. Der Grund dafür ist vermutlich eine Abnahme der Anzahl der Nervenzellen, die visuelle Signale vom Auge ins Gehirn übertragen. Diese Veränderung wirkt sich auf die Tiefenwahrnehmung aus, wodurch es schwieriger wird, Entfernungen einzuschätzen.

Was ist „digitaler Augenstress“?
Langes Arbeiten am Bildschirm ist Schwerstarbeit für die Augen. Das Sehsystem ermüdet, denn der Bildschirm diktiert fast ausschließlich eine Sehrichtung und eine Entfernung. Der Blick wechselt dabei bis zu 30.000-mal vom Bildschirm zur Vorlage und wieder zurück. Reflexionen, Spiegelungen oder verschiedene Kontraste machen es den Augen noch schwerer, sich anzupassen. Unterschiedliche Helligkeiten provozieren 4.000 bis 17.000 Pupillenreaktionen pro Tag, wir blinzeln aber weniger und die Augen sind damit nicht ausreichend befeuchtet. Kurz gesagt: Augenstress aufgrund von Bildschirmarbeit ist evident, doch man kann die Augen unterstützen!

Welche Maßnahmen bieten Hilfe für gestresste Augen?
Zunächst gilt es, optimale Lichtverhältnisse zu schaffen und den Monitor ergonomisch richtig zu positionieren. Pausen sind wichtig, zudem sollte für ausreichend Frischluft und Luftfeuchtigkeit gesorgt werden. Bei Bedarf können die Augen mehrmals täglich eingetropft und eine Bildschirmbrille kann verwendet werden. Den Blick immer wieder zwischendurch in die Ferne schweifen lassen, hilft den Augen, sich zu entspannen. Ideal ist es, ins Grüne zu schauen.

Was ist die Aufgabe der arbeits­medizinischen Vorsorge bei Bildschirmarbeit?
Bildschirmarbeitsplätze müssen ergonomisch gut eingerichtet sein, denn davon profitieren nicht nur die Augen. Das Wissen um die optimale Platzierung des Monitors oder die Höhe der Arbeits- und Sitzfläche ist mittlerweile zum Glück schon weit verbreitet. Die Arbeitsmediziner:innen unterstützen die Arbeitgeber:innen bei der Evaluierung der Arbeitsplätze und der Umsetzung der Bildschirmarbeitsverordnung, die eine Überprüfung der Sehschärfe und Untersuchung des sonstigen Sehvermögens vorsieht. Regelmäßige Kontrollen beim:bei der Augenarzt-:ärztin sind ohnehin für alle zu empfehlen, die am Bildschirm arbeiten.

Wie hilft eine Bildschirmbrille?
Eine Bildschirmbrille ist speziell auf die Arbeitsdistanz am Bildschirm abgestimmt. Oft verwenden Mitarbeitende ihre Lesebrille und wundern sich, warum sie dennoch nicht besser sehen. Doch die Lesebrille ist nur für Entfernungen im Nahbereich bis zu 40 cm geeignet, nicht aber für den am Bildschirm benötigten Sehabstand zwischen 50 und 70 cm. Dann neigt man dazu, die fehlende Distanz auszugleichen, indem man sich zum Bildschirm vorbeugt. Rücken und Nacken werden belastet. Das gilt auch für die Gleitsichtbrille. Die Bildschirmbrille ermöglicht ein scharfes und damit unangestrengtes Sehen. Sie hat idealerweise ein geringes Gewicht und ist entspiegelt und nicht getönt.

Wer bekommt eine Bildschirmbrille und wer trägt die Kosten?
Bildschirmarbeit liegt vor, wenn durchschnittlich ununterbrochen mehr als zwei Stunden oder durchschnittlich mehr als drei Stunden der Tagesarbeitszeit mit Arbeiten am Bildschirm verbracht werden. Eine Verordnung für Bildschirmbrillen bekommt man von dem:der Augenarzt-:ärztin. Je nach Firma kann dann entweder die Rechnung dafür eingereicht werden oder es gibt einen Zuschuss. Arbeitgeber:innen müssen jene Kosten ersetzen, die zum Schutz der Arbeitnehmer:innen bei der Bildschirmarbeit notwendig sind. Eine darüber hinausgehende Ausstattung ist selbst zu bezahlen.

Tipps zum Schutz der Augen bei der Bildschirmarbeit

  • Häufig lüften und auf ent­sprechende Luftfeuchtigkeit achten
  • Regelmäßig in die Ferne sehen, am besten ins Grüne – wenn möglich
  • Achten Sie auf die passende Ausleuchtung rund um den Arbeitsplatz – abhängig von der Tätigkeit.
  • Eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung trägt dazu bei, auch die Belastungen der Augen gering zu halten.
  • Trinken Sie ausreichend – am besten ungesüßten Tee oder Wasser, das hält Schleimhäute feucht, hilft bei trockenen Augen und auch gegen Kopfschmerzen.
  • Nutzen Sie regelmäßig Augentropfen.

Dr. Kurt Leodolter, MScPHM, vom Unfallver­hütungsdienst der AUVA-Landesstelle Graz

Foto eines Augenpaares mit Brille. Der Blick ist auf einen Monitor gerichtet.
Langes Arbeiten am Bildschirm ist Schwerstarbeit für die Augen. Das Sehsystem ermüdet, denn der Bildschirm diktiert fast ausschließlich eine Sehrichtung und eine Entfernung.
© instaphotos/AdobeStock